Weihnachten ist für viele Menschen das Fest der Liebe, der Gemeinsamkeit und das schönste Fest des Jahres. Weihnachten soll uns daran erinnern, wie wertvoll es ist, Zeit mit Menschen zu verbringen, dankbar zu sein und wieder bewusster und achtsamer mit uns selbst und den anderen Menschen umzugehen.

Heute möchte ich eine kleine Geschichte erzählen, die uns daran erinnern soll, dass es viel mehr gibt als Hektik, Stress und Geschenke an Weihnachten.

Ein 40-jähriger Mann hastet durch die weihnachtliche Einkaufsstraße. In der linken Hand trägt er einen Aktenkoffer, in der rechten zwei riesige Einkaufstaschen. Darin befinden sich allerlei Geschenke, denn heute Abend ist DER Abend: Heiligabend.

Plötzlich steht da dieses kleine Mädchen im Wege, die beiden stoßen zusammen und stürzen zu Boden.
„Mensch, pass doch auf, kleines Ding!“, herrscht er das Mädchen an, während er sich aufrappelt.
„Was hab ich denn getan?“, fragte das Mädchen mit zittriger Stimme. Sie ist ungefähr 8 Jahre alt.
„Warum schaust du nicht, wohin du gehst?“
„Aber du hast mich doch umgerannt.“ Sie fängt an zu weinen.

Dem Mann tut es leid. „He, Kleine, war ja nicht so gemeint. Ich bin nur ziemlich im Stress. Habe es eilig.“ Nervös blickt er auf seine Uhr.
„Aber deswegen musst du doch nicht so böse sein.“ Das Mädchen wischt sich mit den Händen die Augen trocken.
„He, es tut mir leid, Kleine. Komm, ich spendier dir was Süßes. Als Entschuldigung.“

Eigentlich hat er ja keine Zeit, muss noch die restlichen Geschenke einkaufen. Aber gut, fünf Minuten.

Die Augen des Mädchens strahlen. „Danke, das ist lieb von dir.“
Mit der Tüte Süßigkeiten in der Hand fragt das Mädchen „Hast du es immer so eilig?“
„Ja, meistens. Und heute besonders, es ist ja Heiligabend. Ich muss doch noch Geschenke kaufen.“
„Aber du hast doch schon so viele, oder nicht?“, fragt das Mädchen mit einem Blick auf die beiden Einkaufstaschen.
„Ja, da hast du recht. Man soll es auch nicht übertreiben.“
„Warum rennen die Erwachsenen immer so?“, fragt das Mädchen.
„Weil sie es eilig haben, Kleine. Es gibt viel zu tun, viel zu erledigen. Wir haben nicht so viel Zeit wie Kinder.“
„Was meinst du?“
„Na, genieße lieber die Zeit, in der du hier noch spielen kannst. Wird nicht mehr lange währen.“
„Das Mädchen blickt einen Moment zu Boden: „Warum nicht?“
„Das ist, glaube ich, immer so, wenn man erwachsen wird. Man spielt dann nicht mehr.“
„Warum also spielst du nicht mehr?“ fragt das Mädchen.
„Weil ich keine Zeit mehr dazu habe. Ich muss viel arbeiten, Geld verdienen, „Ich habe eine Frau und einen kleinen Jungen. Ich muss das Essen und die Wohnung bezahlen.”

Wie oft sieht er seine Frau und seinen Sohn? Wann nimmt er die beiden bewusst wahr? Während der Woche unzählige Überstunden, Dienstreisen, Geschäftsessen. Am Wochenende endlich Zeit für seine Hobbies. Manchmal hat er Sehnsucht nach Dingen von früher.

„Darf ich dich noch etwas fragen?“ „Natürlich, Kleine.“
„Du hast gesagt, du hast nie Zeit zum Spielen. Auch nicht mit deinem Jungen?“
„Doch, natürlich.“ Aber er lügt, und er weiß das. Dabei hat er Tränen in den Augen.
Die beiden verabschieden sich. Das Mädchen winkt. Der Mann winkt zurück. Fröhliche Weihnachten

Als der Mann dann heimkommt, lässt er die Einkaufstaschen mit den Geschenken im Wagen. Seine Frau sieht in verwundert an.
„Wo warst du denn so lange?“
„Ach, ich habe unterwegs noch einen Bekannten getroffen. Tut mir leid.“ Voller Dankbarkeit denkt er an das Mädchen.
„Und die Geschenke? Hast du die Geschenke für den Kleinen?“
„Warte es ab!“

Als dann die Bescherung eingeläutet wird, liegen keine Geschenke dort. Der Mann geht nach oben und kommt mit einem Kinderbuch zurück. Er nimmt den Kleinen in den Arm, lässt ihn das Buch durchblättern, erklärt ihm die bunten Bilder darin und liest ihm Geschichten daraus vor.
Diesmal gibt es keine Geschenke. Nur Geschichten. Irgendwann schläft der Junge dann ein.
Die Frau überreicht ihre Geschenke. Er packt sie wortlos aus: ein Buch, eine Armbanduhr und eine CD, die er sich schon lange kaufen wollte.
„Danke, vielen Dank“, sagt der Mann.

Der Mann geht auf seine Frau zu und nimmt ihre Hände in die seinen. Er hält sie an den Händen, und diesmal nicht einfach so, nicht wie schon so oft, er hält sie an den Händen mit einem bewussten Gefühl des Haltens. Mit einem Gefühl voller Liebe.
So wie damals. Gott, wie lange ist das schon her? Wie konnte ihre Liebe nur so selbstverständlich werden?
„Ich möchte dir danken. Ich möchte dir dafür danken, dass du meine Frau bist. Ich möchte dir für all das, was du die Jahre über für mich getan hast, danken. Ich möchte dir dafür danken, dass du mich liebst. Ich möchte dir dafür danken, dass du für mich da warst, wenn ich dich brauchte. Und ich möchte dir aus dem tiefsten Inneren meines Herzens dafür danken, dass es dich gibt.“

Er setzt sich ihr gegenüber, dann fassen sich beide an den Händen, so dass sie das leise flackernde Licht der Kerze umarmen. Er sieht in ihre Augen, in denen sich das Kerzenlicht widerspiegelt. Was hat sie nur für wunderschöne, sanfte, tiefbraune Augen!

Er hatte es beinahe vergessen.

von Elisabeth | Dez 24, 2008

Wenn dir diese Weihnachtsgeschichte gefallen hat und du Interesse daran hast, mehr von mir zu hören, schau doch mal bei meinem Podcast Coaching Plus X – ON MY WAY vorbei. Ich freue mich auf dich!